Der Beitrag des Internationalismus zum Sturz der Apartheid

Nelson Mandela und Fidel Castro, 26. Juli 1991, Matanzas, Kuba. Foto: Liborio Noval
Kubanische Ärzte und Lehrer sind in der Welt schon eine familiäre Erscheinung; in den vergangenen fünf Jahrzehnten brachte diese Solidarität Millionen von Menschen fern der Insel Gesundheit und Bildung, und tausende von Jugendlichen aus Ländern der Dritten Welt studieren kostenlos in Kuba.
Im Gegensatz dazu ist die Hilfe von historischer Bedeutung, die Kuba nationalen Befreiungsbewegungen vor allem in Afrika geleistet hat, aus verschiedenen Gründen kaum bekannt: erstens, die in massiver Weise verkürzte oder verzerrte Darstellung dieser Geschichte in den Medien; zum zweiten die notwendige Diskretion, um das Leben der Kämpfer zu schützen, sowohl der kubanischen wie der aus anderen Ländern; und nicht zuletzt die bescheidene Zurückhaltung der Beteiligten, deren Aktionen die Geschichte der Welt veränderten.
In der Vergangenheit haben die Feinde der Revolution diesen Mangel an Wissen ausgenutzt – einschließlich den innerhalb Kubas selbst – um Lügen und Verzerrungen zu verbreiten mit der Absicht, sowohl Kuba wie auch antiimperialistische Bewegungen zu diffamieren. Sie haben versucht, die kubanischen Internationalisten mit europäischen und nordamerikanischen Söldnern zu vergleichen; sie haben ferner behauptet, dass Kuba in Angola war als Marionette der UdSSR und so eine völlig falsche Darstellung der Tatsachen geschaffen. Und es gibt diejenigen, die den Gedanken wiederholen, dass alle Bemühungen umsonst gewesen seien. Tatsächlich ist Angola ein Land reich an Diamanten und Erdöl, eine Tatsache, welche die Begehrlichkeit der Imperialisten geweckt hat. Das Einzige, was die Kubaner mitgenommen haben, waren ihre Gefallenen. Außerdem haben sie erst nach der Entscheidung über eine militärische Hilfe und nicht vorher die Sowjets informiert.
Aber jetzt haben die kubanische Regierung, die revolutionären Streitkräfte (FAR) und die beteiligten Kämpfer damit begonnen, diese Informationslücken zu füllen über das, was in Kuba das „afrikanische Helden-Epos“ genannt wird. (Übersetzt aus Granma Internacional vom 1.7.2007)
Die Solidarität Kubas mit afrikanischen Befreiungsbewegungen und erste Kontaktaufnahmen begannen schon früh nach dem Sieg der kubanischen Revolution. Als Ernesto „Che“ Guevara am 11.12.1964 vor der UNO-Vollversammlung sprach, nutzte er dieses Forum, um den Unabhängigkeitskampf der afrikanischen Völker zu unterstützen und er verurteilte die Ermordung des konkolesischen Befreiungskämpfers und ersten Präsidenten nach der Unabhängigkeit, Patrice Lumumba. Anschließend besuchte er eine Reihe afrikanischer Länder. Nachdem er seine Ämter auf Kuba niedergelegt hatte, begab er sich im Frühjahr 1965 mit einer Gruppe kubanischer Freiwilliger in die Kivu-Region im Osten des Kongo, um dort gegen die neokoloniale Marionettenregierung kämpfende Gruppen zu unterstützen. Er musste jedoch feststellen, dass die Bedingungen für die Ausweitungen dieses Kampfes ungünstiger waren als angenommen und kehrte gegen Ende des Jahres nach Kuba zurück. 1974 brach das portugiesische Kolonialregime unter dem Druck des Befreiungskrieges in seinen afrikanischen Kolonien zusammen. In Angola hatten 3 miteinander konkurrierende Bewegungen gegen die portugiesischen Besatzer gekämpft, von denen die marxistische MPLA (Volksbewegung für die Befreiung Angolas) die bedeutendste war.
Das in aller Welt wegen seiner Rassendiskriminierung verachtete südafrikanische Apartheid-Regime wurde von westlichen Regierungen als Handelspartner durchaus geschätzt und auch als verlängerter militärischer Arm, um die Völker des Kontinents zu kontrollieren und deren wirtschaftliche Ausplünderung zu sichern. Dies wurde 1975 deutlich, als südafrikanische Truppen in Angola einfielen, um die Bildung einer fortschrittlichen Volksregierung zu verhindern. Die Invasoren bewegten sich schnell auf die im Norden gelegene Hauptstadt Luanda zu. Die MPLA erbat Hilfe von der kubanischen Regierung, worauf zunächst Ausbilder nach Angola geschickt wurden. Die Lage spitzte sich jedoch so schnell zu, dass Kuba in einer geheimgehaltenen Aktion, die den Westen wie auch die östlichen Verbündeten des Landes völlig überraschte, Kampftruppen und panzerbrechende Waffen nach Luanda schickte. Die südafrikanische Invasion wurde gestoppt und die hochgerüsteten Agressoren mussten sich bis März 1976 aus Angola zurückziehen.
Kubanische Truppen blieben bis 1989 in Angola, wobei ausschließlich Freiwillige nach Afrika entsandt wurden. Insgesamt waren dort im Laufe von 14 Jahren ca. 400000 kubanische Internationalisten stationiert, mehr als 2000 ließen ihr Leben für die Unabhängigkeit des Landes. In dieser Periode kam es wiederholt zu südafrikanischen Einfällen und Teile im Süden des Landes waren lange Zeit besetzt.
Als das südafrikanische Apartheid-Regime Ende der 80er Jahre nach Jahren schwerster innerer Unruhen durch den Widerstand der unterdrückten schwarzen Bevölkerungsmehrheit seinem Ende entgegen ging, suchte die Rassisten-Regierung durch ein erneutes außenpolitisches Abenteuer Entlastung. Im Süden Angolas, bei der Stadt Cuito Cuanavale, waren große Teile der angolanischen Armee in Bedrängnis geraten und die Stadt drohte Anfang 1988 in die Hände der Südafrikaner zu fallen. Dies wäre ein schwerer Schlag für das Land gewesen. In dieser Situation brachte Kuba seine besten Truppen, Kampfflugzeuge, Panzer und Raketenbatterien ein. Das Ziel der kubanischen Führung war es diesmal, wie der renommierte italienische Historiker Piero Gleijeses schrieb, nicht nur Cuito Cuanavale vor dem Fall zu bewahren, sondern die südafrikanische Agression ein für allemal zu beenden, den Angriff zu parieren und in anderer Richtung anzugreifen. Wie es Fidel Castro später einmal in einem Vergleich beschrieben hat, „…wie ein Boxer, der mit der Linken abblockt und mit der Rechten zurückschlägt.“ Mehrfache südafrikanische Angriffe auf Cuito Cuanavale wurden abgewehrt, wobei die Angreifer schwere Verluste erlitten. Starke kubanische Verbände stießen im Gegenzug im Südosten des Landes auf die Grenze des von Südafrika völkerrechtswidrig besetzten Namibia vor. Ein in Rekordtempo ca. 150 km südlich der eigenen Verteidigungspositionen errichtetes Flugfeld ermöglichte es den kubanischen Piloten, ihren Aktionsradius gegen militärische Ziele bis ins nördliche Namibia zu verschieben. Die Luftüberlegenheit der Kubaner und der massive Vorstoß ihrer Bodentruppen führten zum Rückzug der Südafrikaner bis Ende August aus ganz Angola, gaben der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika weiteren Auftrieb und schwächten die Verhandlungsposition Südafrikas bei den internationalen Verhandlungen über ein Abkommen zur Lage im südlichen Afrika entscheidend. Das am 22. Dezember 1988 in New York unterzeichnete Abkommen ermöglichte die Unabhängigkeit Namibias und damit die Rückkehr der kubanischen Truppen in ihre Heimat.
Anfang 1990 wurde Nelson Mandela, der Führer der schwarzen Bevölkerungsmehrheit Südafrikas, aus seiner jahrzehntelangen Haft entlassen. Bei einem Besuch in Kuba unterstrich er am 26. Juli 1991 auf einer Massenversammlung vor zehntausenden von Menschen in Matanzas die fundamentale Bedeutung der südafrikanischen Niederlage bei Cuito Cuanavale für den Zusammenbruch der Apartheid. „Die Kubaner besetzen einen speziellen Platz in den Herzen der afrikanischen Völker. Die kubanischen Internationalisten haben einen Beitrag geleistet zu Unabhängigkeit, Freiheit und Gerechtigkeit in Afrika, dessen prinzipientreuer und selbstloser Charakter ohne Parallele ist.“
(Anmerkung: Das Standardwerk über das kubanische Engagement in Afrika bis 1976 ist die umfangreiche Studie von Piero Gleijeses „Conflicting Missions: Havanna, Washington and Africa, 1959-1976“, 2002, University of North Carolina, Chapel Hill. Für diese Zusammenfassung wurden u.a. auch hinzugezogen: David Deutschmann (Hrsg.) „Changing the History of Africa“, 1989, Ocean Press, Melbourne und Piero Gleijeses „Cuito Cuanavale revisitado“, Granma Internacional vom 22.7.2007. Wie Gleijeses schreibt, befinden sich vor allem in Südafrika immer noch zahlreiche Dokumente, die diese Periode erhellen könnten, unter Geheimhaltung. In den letzten Jahren sind in Kuba einige Erinnerungen von Beteiligten sowie filmisches Material veröffentlicht worden.)